Der Mai 2023

Ich weiß nicht wo ich anfangen soll, ich habe lange nichts geschrieben, weil mir die Zeit und die Muse gefehlt hat und mir oft auch tatsächlich der Kopf so geschwirrt hat vor Gedanken, dass ich nicht weiß wie ich diese formulieren soll…

Ich habe mich so auf den Frühling gefreut … auf die Blumen, auf die Vögel, auf das Rausgehen.

Meine Fortbildung zur sozialen Beratung lieft gut, war mega interessant und ich habe mehr gelernt und es hat mir viel mehr geholfen als jede Therapie. Vielleicht liegt es daran was man hat, aber leider habe ich das nun schon sehr oft gehört, jahrelange erfolglose Therapie mit teilweise Verschlimmerungen, nicht nur in der Anfangsphase.

Dann kam der 1. Mai und alles was ich mir vorgenommen habe blieb erstmal liegen. Meine Mutter ist am Morgen plötzlich ohmmächtig geworden. Mit einer brennenden Kerze in der Hand, die dann in der Küche lag, mit Sturz nach Hinten auf den Herd, der dadurch anging …

Wie oft habe ich schon darüber nachgedacht auszuziehen? Wegen Differenzen die man ab einem gewissen Alter hat, wegen Privatsphäre, wegen der Nachbarn (die Lisa ist ja auch so ne alte Jungfer, die es zu nix gebracht hat… glaube ich zumindest dass so was oft getrascht wird … die Leute sind so …) und was wäre dann jetzt gewesen? Selbst wenn sie aufgewacht wäre allein, wann ? Herd ? Kerze ? Orientierung?

Ich habe sie aufgesetzt, wachgerüttelt, alle Test auf Schlaganfall gemacht, die Kerze gelöscht, gleichzeitig den Hund weggesperrt, den Notarzt gerufen. Es war alles ok, kein Infarkt, kein Zucker, Blutdruck, Sauerstoff, alles in Ordnung. Trotzdem natürlich Notaufnahme, einen Tag und Nacht Überwachung. Danach Normalstation, in der Nacht wurde ihr Übel, Sprache verwaschen, Fuss zuckte, bis die Normalstation reagiert hat, verging ein halber Tag. Hirnblutung. Verlegung in ein anderes Krankenhaus mit Top Neurologie. Ich wusste stundenlang nicht, wo genau sie hinkommt, was genau passiert, ob sie operiert werden muss, wie schlimm der Zustand ist. Bis ich endlich spät Abends zu Ihr auf die Intensiv konnte, wo sie zum Glück soweit der Umstände stabil und ansprechbar wach war.

Gleichzeitig hatte ich eine Kieferentzündung und musste zum Notdienst, der zum Glück wenigstens im gleichen Haus war. Ich habe die Antibiotika nicht vertragen und währender ich mit den Nebenwirkungen beschäftigt war ist das Handy ins Wasser gefallen. Katastrophe heutzutage wo alles drauf gespeichert ist, aber wenn man erreichbar sein muss, weil die Mutter auf Intensiv liegt… ohne Worte. 😦

Zum Glück ging das Display noch und ich konnte Rufumleitung auf das Diensthandy machen. Hat natürlich alles Vor und- Nachteile.

Mein Hund hatte einen Kreuzbandriss und musste operiert werden. Sie hat die Narkose gut überstanden aber wieder allergisch auf die Antibiose reagiert.

Irgendwie musste ich noch arbeiten, da ich für viele Dinge keine Vertretung habe und auch bei den kleinen Dingen auf meine Kollegin kein Verlass ist. Der Haushalt, der Garten, der Friedhof … ich habe manchmal nicht mal mehr gewusst ob ich mir die Zähne geputzt habe.

Aber ich habe keinen Nervenzusammenbruch bekommen. Ich habe mir immer wieder gesagt, ich bin stark genug ich schaffe das.

Die Ausbildung wollte ich abbrechen, da es auch am Anfang hieß, wenn wir 2x fehlen sollten, sind wir raus. Der Dozent rief mich aber an und meinte er traue mir das alles trotzdem zu und er fände es sehr schade, wenn ich jetzt aufhöre, er glaubt dass ich das alles kann und wenn ich wieder Zeit finde, machen wir einfach eine Extra Aufgabe.

Meine Mutter musste noch 1,5 Wochen daheim gepflegt werden, ein Zustand der mich echt tief traurig gemacht hat, weil sie mit ihren 83 ALLES bisher allein macht, jetzt sass sie nur im Stuhl oder lag auf dem Sofa. Essen richten, allein ins Bad oder zur Toilette, von Duschen oder Haare waschen gar nicht zu reden. Es tat furchtbar weh, weil sie schon so viel mitgemacht hat und das nicht verdient hat. Ich glaube an Gott, ja, aber wo schaust Du manchmal hin lieber Gott? Es gibt so viele böse Menschen auf dieser Welt, die leben oft in Saus und Braus und ohne Kummer oder Krankheiten.

Ich weiß auch, dass es für meine Mutter furchtbar ist, so hilflos zu sein und nichts arbeiten zu können. An einem dieser Tage als sie zu Hause war, hatte ich OP Termin mit dem Hund. Und ich war von 7-16 Uhr unterwegs. Wäre niemals gegangen, ohne eine Freundin die Homeoffice machen konnte und so zum Frühstück und bis Abends bei ihr blieb.

Der Monat ist vergangen wie ein Wimpernschlag.

Jetzt ist meine Mutter in Reha und ich habe ab nächste Woche Urlaub. Den ich eigentlich dringend brauche. Aber so bald ich mal versuche, trotz der vielen Arbeit die ich hier zu Hause und mit anderen Dingen außerhalb des Jobs, mich etwas auszuruhen, dann laufen die Tränen, auch jetzt wieder. Ich bin erschöpft und mein Akku blinkt …

Ich bin auch traurig, weil es jetzt wieder deutlich wurde, wie schlimm es ist, keine Familie zu haben. Es wäre so viel einfacher, mein ganzes Leben, wäre mein Bruder noch hier.

Aber ich bin dankbar, für meine Freundinnen, die sich hier mal wieder sehr deutlich in 2 Hälften geteilt haben. Es gibt Menschen auf die ich mich 100% verlassen kann. Und Menschen die reden, aber wenn das was ist nicht da sind.

Ich bin dankbar für die Chance dass ich die Ausbildung trotzdem beenden konnte.

Dankbar für meine Arbeit und meinen Arbeitgeber, wo ich tolle neue Aufgaben habe, und ich so flexibel sein konnte, meine Stunden zu verteilen, meinen Hund vor der Op mitzunehmen.

Ich habe trotz allem noch viel mitgenommen von der Ausbildung. Und hoffe dass es sich in meinem inneren Integriert.

Wahrscheinlich werde ich auch irgendwas aus dieser Zeit gelernt haben. Und auch hierfür irgendwann dankbar sein können. Im Moment bin ich aber einfach nur müde. Genervt von meiner Kollegin, traurig, will mich eigentlich zurück ziehen und fühle mich gleichzeitig einsam.

Das Leben

Eine meiner Kolleginnen die ich in der Spät/Zwischenschicht treffe ist seit gestern in Psychologischer Reha. Hätte mir Jemand vor 2 Jahren gesagt, dass ich Ihr ein Buch mit Karte und guten Wünschen schicke. Sie umarme wenn sie mir von ihren Problemen und Sorgen erzählt und ich sie vermisse. Wir uns wieder WhattsApp schreiben, ich hätte gesagt, er soll zum Arzt gehen …

Wir waren einmal sehr gut befreundet. Doch aufgrund der Dinge derentwegen sie nun auch in der Reha ist hat es vor 2 oder 3 Jahren sehr böse geknallt. Sie kennt dann keine Grenzen mehr und tickt total aus. Das Ende war dass wir uns so gut wie es ging aus dem Weg gingen und ich nur noch böse Blicke geerntet habe. Sogar ihr Chef musste irgendwann mal dran glauben und sie haben sich lauthals angeschrien und wütend das Zimmer verlassen.

Es hat gedauert, sie ging wieder in Therapie, ich habe versucht anders als gekränkt und ängstlich auf sie zu reagieren, war wieder offener und freundlicher, aber und das ist das schwierige, ich versuche die Tür nicht mehr ganz zu öffnen. Denn mit gewissen Ansichten – egal aus welcher Ecke in der Psyche sie kommen – kann ich einfach nicht benicken und andere Meinungen kann sie schwer tolerieren.

Aber ich habe auch meinen Part an der Geschichte endlich wahr genommen. Ich habe mich zu sehr auf sie eingelassen, trotz Warnungen (wer nimmt das schon ernst, und ich finde nach wie vor, man sollte das schon selbst merken und seine Erfahrungen machen) und dann hab ich mich sehr schnell und massiv geändert und zurück gezogen als ich bestimmte Dinge nicht mehr aushielt. Und das war ein Schlag ins Gesicht, diese Zurückweisung. Gerade sie hat das sicherlich sehr verletzt. Aber ich hatte damals einfach keine Kraft mehr.

Ich bin froh, dass wir wieder einen Weg zueinander gefunden haben. Die Arbeit ist schöner und ich habe den Kontakt auch vermisst. Ich wünsche mir sehr, dass wir auf dieser freundlich zugewandt, teilend und empathischen Ebene bleiben werden ohne zu sehr in Mark und Bein überzugehen.